06. September 2022
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Neupatientenregelung ist erster Schritt zur Entbudgetierung

Zum Offenen Brief der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein (KV SH) an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gegen die geplante Abschaffung der Neupatientenregelung äußerte sich heute Prof. Dr. Henrik Herrmann, Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein:

"Die Ärztekammer Schleswig-Holstein unterstützt den Offenen Brief der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gegen die geplante Abschaffung der Neupatientenregelung.

Die geplante Streichung wird die Gesundheitsversorgung der Patientinnen und Patienten verschlechtern. Wartezeiten für Neupatientinnen und Neupatienten werden sich wieder deutlich erhöhen und es werden weniger Sprechzeiten zur Verfügung stehen.

Gerade vor den Hintergrund des drohenden Ärztemangels ist es wichtig Anreize zu schaffen, neue Patienten zu versorgen und extra budgetierte Mittel dafür zur Verfügung zu stellen. Die Neupatientenregelung ist ein erster Schritt zur Entbudgetierung, dieser wichtige Schritt darf auf keinen Fall zurückgenommen werden. Die Praxen, die aufgrund der Entbudgetierung bereits investiert haben, werden in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Die Folge ist weiteres Praxissterben mit fatalen Folgen für die Patientenversorgung.

Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie ist es nicht akzeptabel, dass ambulant tätige Ärztinnen und Ärzten Gelder gestrichen werden, die für die Aufrechterhaltung ihrer Praxistätigkeit wichtig sind. Ärztinnen und Ärzten benötigen für Ihre Tätigkeit keine weitere Belastung, sondern Entlastung. Die Analyse des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung zeigen eine deutliche Zunahme der Neupatientenfälle seit Infkrafttreten der Regelung. Zwischen dem 4. Quartal 2019 und dem 4. Quartal 2021 hat die Zahl der behandelten Neupatienten bundesweit um zwölf Prozent zugenommen. Insgesamt wurden im 4. Quartal 20,2 Millionen Neupatienten behandelt."

Hintergrund: 
2019 ist die Neupatientenregelung zusammen mit einer Ausweitung der Sprechstundenzeit auf mindestens 25 Stunden pro Woche im Terminservice- und Versorgungsgesetz eingeführt worden. Sie diente als Anreiz für Praxen, mehr Termine anzubieten und mehr Menschen zu behandeln. Um zusätzliche Behandlungszeit zu ermöglichen, hat der Gesetzgeber für zeitintensivere Neupatienten und für die "offene Sprechstunde" die Budgetierung ausgesetzt und die vollständige Vergütung für diese Leistungen zugesichert. Alle Patientinnen und Patienten, die erstmals oder zuletzt vor über zwei Jahren in einer Praxis behandelt wurden, gelten dem Gesetz nach als Neupatienten.

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