
Ärztekammer Schleswig-Holstein spricht sich für Versorgungssteuerung im Gesundheitswesen aus – Primärärztliche Versorgung bietet Chancen und Herausforderungen
Ärztekammer Schleswig-Holstein spricht sich für Versorgungssteuerung im Gesundheitswesen aus – Primärärztliche Versorgung bietet Chancen und Herausforderungen
Bad Segeberg, 16.4.2025– Die Ärztekammer Schleswig-Holstein fordert von der neuen Bundesregierung eine bessere Koordination und Steuerung der Patientenversorgung. „Wir müssen bestehende Strukturen hinterfragen, Über-, Unter- und Fehlversorgung identifizieren und Versorgungsangebote – insbesondere im ambulanten Bereich – stärker koordinieren“, fordert der schleswig-holsteinische Ärztekammerpräsident Prof. Henrik Herrmann.
Deutschland verzeichne mit durchschnittlich 9,6 Arztbesuchen pro Jahr eine der höchsten Kontaktzahlen in der Regelversorgung weltweit. Im Bereich der Akut- und Notfallmedizin sei die Zahl der Patientinnen und Patienten zwischen 2009 und 2019 um zwölf Prozent gestiegen. Erhebungen zeigen jedoch, dass in vielen Fällen keine medizinische Indikation für die Inanspruchnahme vorliege. „Diese Entwicklung belastet das Gesundheitssystem zunehmend und bringt es an seine Kapazitätsgrenzen“, so Prof. Henrik Herrmann.
„Eine Möglichkeit zur Versorgungssteuerung ist die primärärztliche Versorgung“, sagt Prof. Henrik Herrmann. Ein solches System, bei dem Hausärztinnen und Hausärzte als erste Anlaufstelle und Lotsen im Gesundheitswesen fungieren, kann verbindlich die koordinierte Versorgung steuern und eine hohe Behandlungsqualität – insbesondere im ländlichen Raum – sichern.
Die Ärztekammer warnt aber auch vor den Herausforderungen eines solchen Systems: „Eine primärärztliche Versorgung darf die bestehende Überlastung der Hausärzte nicht weiter verschärfen. Und es muss die Erreichbarkeit und zeitnahe Terminvergabe bei den Hausärzten im entsprechenden Planungsbereich für Patienten gewährleistet sein“, so Prof. Henrik Herrmann. „Ebenso müssen fachärztliche Dauerbehandlungen, wie zum Beispiel bei Niereninsuffizienz oder schweren Lungen- oder Herzerkrankungen, unberührt bleiben und bedürfen keiner zusätzlichen primären Hausarztversorgung."
Darüber hinaus spricht sich die Ärztekammer für weitere Lösungen der Versorgungssteuerung aus. „Digitale Angebote müssen verlässlich gestärkt werden, die 116 117 als zentrale Anlaufstelle für Patienten muss mehr in Anspruch genommen werden. Ebenso brauchen wir interprofessionelle Teams mit anderen Gesundheitsberufen, die zur Verbesserung der Patientenversorgung und zur ärztlichen Entlastung beitragen. Letztendlich müssen wir auch über andere Rahmenregelungen nachdenken, wie zum Beispiel, dass Patienten nicht mehr alle drei Monate für die Quartalspauschale des Arztes in die Praxis einbestellt werden müssen“, fordert der Ärztekammerpräsident.