Ärztekammer Schleswig-Holstein vergab erstmals Ehrenmedaillen
Kammerpräsident Prof. Henrik Herrmann ehrte zum einen Zoriana Kostiuk und Dr. Hauke Frercks aus dem Flensburger Malteser St. Franziskus-Hospital, die seit Beginn des Krieges in der Ukraine Spenden für die dortige Bevölkerung sammeln und Hilfsmittel zur Notfallversorgung größtenteils selbst ins polnische Krakau bringen. Dort übergeben sie die Spenden an eine Spedition, die diese über militärisch gesicherte Korridore an Stellen transportiert, wo sie am dringendsten benötigt werden. Die Initiatoren erinnern in ihren Spendenaufrufen daran, dass in der Ukraine neben notfallmedizinischem Material zunehmend auch Hilfsmittel zur Aufrechterhaltung der medizinischen Grundversorgung der Bevölkerung benötigt werden.
Die sie erreichenden Rückmeldungen zeigen nach ihren Angaben, dass die medizinische Versorgung in Teilen des Landes immer schwerer aufrechtzuerhalten ist. Hinzu komme, dass die Zahl Schwerverletzter durch die anhaltenden Kämpfe stetig steige.
„Für uns ist das ein Zustand, den wir nicht akzeptieren können“, sagte Frercks zum Antrieb für das monatelange Engagement. Eine politische oder militärische Lösung für die Ukraine erscheine ihm derzeit nicht möglich. „Was wir als Ärzte tun können, ist humanitär helfen“, sagte Frercks vor den Gästen in der Akademie unter großem Applaus. Er erinnerte in diesem Zusammenhang an die Vorbildfunktion von Ärztinnen und Ärzten, die ihren Beruf nutzen könnten, um andere Menschen zu „motivieren oder mitzureißen“.
Frercks erinnerte auch an die Situation zur Gründung der Ärztekammer direkt nach Ende des zweiten Weltkrieges – ähnlich katastrophal sei die Situation derzeit für viele Menschen in der Ukraine.
Deutlich länger, nämlich seit zwölf Jahren, währt bereits das ehrenamtliche Engagement des Segeberger Allgemeinmediziners und Kinderarztes Dr. Uwe Denker. Der Gründer und Initiator der Praxis ohne Grenzen ist nicht nur immer noch selbst in der Sprechstunde der Praxis tätig, sondern sorgt mit unermüdlichem Einsatz auch dafür, dass die Praxis Vorbild für vergleichbare Einrichtungen bleibt – in Schleswig-Holstein gibt es derzeit an sechs weiteren Standorten Praxen ohne Grenzen: Flensburg, Husum, Rendsburg, Stockelsdorf, Preetz und seit kurzem wie berichtet in Neumünster.
Die Praxis ohne Grenzen ist offen für mittellose Patienten ohne ausreichenden Krankenversicherungsschutz. Die Sprechstunde halten Ärzte im Wechsel ab. Kommen darf jede und jeder – wer sich für bedürftig hält, muss dies nicht mit einem „Armutszeugnis“ nachweisen. Damit soll verhindert werden, dass sich Patienten diskriminiert fühlen.
Der 84-jährige Denker verweist stets auf die Teamarbeit, die für die Arbeit der Praxen ohne Grenzen unerlässlich ist – allein für die Praxis in Segeberg sind mehr als 70 Menschen in unterschiedlichen Funktionen ehrenamtlich tätig. Bei der Verleihung der Ehrenmedaille verglich Denker die Arbeit seines Teams mit der einer Freiwilligen Feuerwehr – mit einer wichtigen Unterscheidung: „Wir zahlen unser Löschwasser und die Spritzen selbst.“ Auch deshalb sind die Praxen ohne Grenzen – genauso wie die Hilfsaktion von Kostiuk und Frercks – weiterhin auf Spenden angewiesen.
Zu Denkers Engagement gehört ein unermüdliches Wirken in Politik und Öffentlichkeit, wo er auf sein Anliegen aufmerksam macht. Nur ein Beispiel: Als „Arzt der Armen“ war Denker unmittelbar nach Verleihung der Ehrenmedaille in der „Bild“-Zeitung portraitiert. Genauso wichtig ist politische Aufmerksamkeit. Denker lädt regelmäßig politische Funktionsträger in die Praxis ohne Grenzen ein und bringt damit sein Anliegen an die Entscheidungsträger. Neben vielen anderen war u. a. der frühere Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr – noch als Minister – vor Ort. Nicht nach allen Besuchen gab es Fortschritte für sein Ziel, das Denker beharrlich im Auge behält. Erreichen will er, dass die gesetzlichen Regelungen Krankenversicherungsschutz für jeden bieten – und die Praxen ohne Grenzen damit überflüssig werden.
Text: Dirk Schnack
Foto: Jörg Wohlfromm