Praxisgründung mit Zuschuss
Vor einer Praxisgründung machen sich Ärztinnen und Ärzte zu Recht Gedanken darüber, wie sie die Zeit bis zu den ersten Quartalszahlungen durch die Kassenärztliche Vereinigung überbrücken – schließlich fallen zahlreiche Kosten wie etwa Lohn für die Praxisangestellten ab dem ersten Monat an. Auch deshalb ist ein detaillierter Liquiditätsplan erforderlich. Ein Bestandteil für die Liquidität in dieser Phase ist in den vergangenen Jahren aus dem Blick geraten, weil Ärztinnen und Ärzte die geänderten Voraussetzungen praktisch nicht mehr erfüllten. Eine erneute Gesetzesänderung lässt den sogenannten Gründungszuschuss seit Jahresbeginn wieder realistisch werden.
Konkret geht es um Paragraf 93 SGB III, wonach die Bundesagentur für Arbeit Existenzgründern unter bestimmten Voraussetzungen diesen Gründungszuschuss gewähren kann, wenn durch die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beendet werden kann.
Dieser Gründungszuschuss beinhaltet:
- für die ersten sechs Monate einen Zuschuss in Höhe des zuletzt erhaltenen Arbeitslosengeldes zuzüglich 300 Euro zur sozialen Absicherung.
- für die folgenden neun Monate einen Zuschuss von 300 Euro pro Monat zur sozialen Absicherung.
Der Gründungszuschuss ist nicht steuerpflichtig.
Die Voraussetzungen für die Gewährung des Gründungszuschusses sind gemäß Paragraf 93 Abs. 2 SGB III:
- ein verbliebener Anspruch auf Arbeitslosengeld für mindestens 150 Tage.
- der Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung.
- die Darlegung von Kenntnissen und Fähigkeiten zur Ausübung der selbstständigen Tätigkeit.
Auf dieser Grundlage hatten schon in der Vergangenheit (bis Ende 2011) viele Ärzte für ihre Existenzgründung den Gründungszuschuss erhalten. Dies war unabhängig von der Dauer der Arbeitslosigkeit – es genügte ein einziger Tag, um diese Voraussetzung zu erfüllen.
Das änderte sich mit dem „Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt“ vom 25. Mai 2011 ab 2012 fundamental: Damals wurde aus dem Anspruch – den jeder Arbeitslose erworben hatte – eine vollständige Ermessensleistung der Bundesagentur für Arbeit. In Verbindung mit dem „Vorrang der Vermittlung“ führte dies dazu, dass es in der Folgezeit praktisch keinen Gründungszuschuss mehr für Ärzte gab, die eine selbstständige Tätigkeit aufnahmen.
Inzwischen hat es eine gesetzliche Änderung gegeben, die den Gründungszuschuss für Praxisgründer wieder häufiger ermöglicht: Zu Jahresbeginn trat das „Bürgergeld-Gesetz“ (Zwölftes Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze) in Kraft. Weitgehend unbemerkt ist damit der Vermittlungsvorrang durch eine Anpassung von §4 Abs. 2 SGB III weggefallen: „Der Vermittlungsvorrang gilt nicht im Verhältnis zur Förderung von Existenzgründungen mit einem Gründungszuschuss nach § 93.“
Da Ärzte die übrigen Voraussetzungen üblicherweise erfüllen und durch die nachgelagerte Honorarzahlung seitens der Kassenärztlichen Vereinigung in den ersten sechs Monaten ihrer Selbstständigkeit regelmäßig einen Liquiditätsengpass haben, den der Gründungszuschuss abmildern kann, haben sich damit die Chancen für die Gewährung des Gründungszuschusses erheblich verbessert. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass auch die Bundesagentur für Arbeit selbst in ihrer Stellungnahme zum „Bürgergeld-Gesetz“ den Wegfall des Vermittlungsvorrangs begrüßte, weil dadurch „der Zugang zu Förderungen tragfähiger Existenzgründungen … erleichtert“ werde.
Detlef Rohwer, Rohwer & Gut Partnerschaftsgesellschaft mbB, Lübeck