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Ärztekammer Schleswig-Holstein warnt: Gewalt gegen Mediziner nimmt dramatisch zu
„Gewalt gegen Ärztinnen und Ärzte ist ein Angriff auf die gesamte Gesellschaft. Wer hilft, darf nicht zur Zielscheibe werden. Wir brauchen Respekt statt Aggression. Kein Arzt und keine Ärztin sollte Angst haben müssen, angegriffen zu werden. Schutz und Sicherheit sind Grundvoraussetzungen für eine gute Patientenversorgung“, sagt Prof. Doreen Richardt, Vizepräsidentin der Ärztekammer Schleswig-Holstein.
Gewalt gegen Mediziner nimmt zu
Die Umfrageergebnisse zeigen eine besorgniserregende Entwicklung: 45 Prozent der Teilnehmenden geben an, dass Gewalt gegenüber Ärztinnen und Ärzten in den vergangenen drei Jahren zugenommen hat, während nur ein Prozent eine Abnahme wahrnimmt. 49 Prozent der befragten Medizinerinnen und Mediziner waren bereits persönlich von Gewalt betroffen. 54 Prozent der Vorfälle betreffen verbale Gewalt, wie Drohungen oder Beleidigungen, während in 32 Prozent der Fälle körperliche Angriffe stattfinden. In jedem dritten Fall wurde die Polizei eingeschaltet.
Folgen für das Arzt-Patienten-Verhältnis
Die Auswirkungen dieser Vorfälle auf die betroffenen Ärztinnen und Ärzte sind erheblich: 38 Prozent gaben an, dass ihr Verhalten gegenüber Patienten nach einem Vorfall distanzierter und weniger empathisch geworden ist. 15 Prozent leiden unter psychischen Folgen wie Schlafstörungen, Albträumen oder Panikattacken, fünf Prozent benötigen eine Therapie zur Verarbeitung der Erlebnisse. In zehn Prozent der Fälle führten die Übergriffe zu körperlichen Verletzungen, etwa durch Bisse oder Schnittwunden.
„Besonders verheerend ist, dass Gewalttaten das Arzt-Patienten-Verhältnis nachhaltig verändern. Viele Ärztinnen und Ärzte berichten, dass sie sich im Umgang mit Patienten zurückhaltender und weniger empathisch verhalten“, so Prof. Richardt.
Ursachen und Gegenmaßnahmen
Als Hauptgründe für die gestiegene Gewaltbereitschaft nennen die befragten Medizinerinnen und Mediziner unter anderem eine zunehmende Anspruchshaltung von Patienten, Unzufriedenheit mit der Gesundheitspolitik sowie kulturelle Missverständnisse. Besonders häufig eskaliert die Situation in Zusammenhang mit der Forderung nach schnellen Terminen, bestimmten Rezepten oder Untersuchungen.
Viele Einrichtungen haben bereits reagiert: Rund die Hälfte der Praxen und Krankenhäuser hat Notfallknöpfe installiert, Fluchtwege angepasst oder Deeskalationstrainings durchgeführt. Auch Sicherheitsdienste und Hausverbote gehören zu den Maßnahmen, um das Personal zu schützen.
Forderungen der Ärzteschaft
Gefragt nach Konsequenzen, wünschen sich die Befragten vor allem: Mehr Personal, um eine bessere Patientenversorgung sicherzustellen, strengere Gesetze zur Ahndung von Gewalttaten sowie eine schnellere Bearbeitung von Beschwerden.
„Einigen Forderungen unserer Mitglieder werden wir nachkommen“, betont Prof. Richardt. „Wir werden eine Aufklärungskampagne für Patienten über angemessenes Verhalten gegenüber dem medizinischen Personal entwickeln und erneut Trainings zur Gewaltprävention und Deeskalation für das medizinische Personal anbieten.“ Bereits jetzt bietet die Ärztekammer Schleswig-Holstein ein niedrigschwelliges Hilfsangebot für betroffene Ärztinnen und Ärzte an.
„Außerdem brauchen wir eine gesamtgesellschaftliche Debatte über den Umgang mit medizinischem Personal und eine konsequente Ahndung von Gewalt gegen Ärztinnen und Ärzte. Die Gesundheit und Sicherheit derjenigen, die tagtäglich für das Wohl der Patienten sorgen, darf nicht gefährdet werden“, so Prof. Richardt abschließend.