Prof. Doreen Richardt: "Mehr Familienfreundlichkeit in der Niederlassung."
Prof. Doreen Richardt, Vizepräsidentin der Ärztekammer Schleswig-Holstein, wünscht sich noch mehr Familienfreundlichkeit in der Niederlassung
Bad Segeberg, 1. Juni 2024. Anlässlich des Infotags zur Niederlassung, der heute gemeinsam von der Kassenärztlichen Vereinigung und der Ärztekammer Schleswig-Holstein durchgeführt wurde, wünscht sich die Vizepräsidentin der Ärztekammer Schleswig-Holstein, Prof. Doreen Richardt, noch mehr Familienfreundlichkeit bei der Niederlassung.
„Im Gesundheitswesen führen die gesellschaftlichen Entwicklungen langsam zu einem Umdenken. Im ambulanten Bereich gibt es inzwischen Bedingungen, mit denen sich Familie und Beruf besser vereinbaren lassen – für Mütter und Väter. Im Vergleich zum Arbeitsplatz im Krankenhaus ist die Tätigkeit als angestellter Arzt oder Ärztin in der Niederlassung wesentlich familienfreundlicher, da der Schichtdienst und die üblichen Nacht- und Wochenenddienste eines Krankenhauses wegfallen und sich Arbeitszeiten zumindest in einem gewissen Ausmaß steuern lassen. Dabei ist mir bewusst, dass auch im niedergelassenen Bereich Dienste abzuleisten sind und das gerade durch die Kündigung der Pool-Ärzte ein großes Thema ist. Für Eltern – aber auch für Ärztinnen und Ärzte, die längere Zeit im Klinikbetrieb tätig waren, sind Praxisgemeinschaften, Gemeinschaftspraxen, Job-Sharing-Modelle oder Medizinische Versorgungszentren gerade im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie interessant. Der Trend geht weg von der Einzelpraxis, was durchaus auch Vorteile haben kann. Vor allem größere Praxen bieten Flexibilität, weil sich dort die Mitarbeiter schon allein aufgrund ihrer Anzahl leichter vertreten und die Dienste untereinander tauschen können.
Prof. Richardt weist darauf hin, dass bei einer Niederlassung die Kassenärztliche Vereinigung die erste Ansprechpartnerin ist, sagt aber auch, dass die Ärztekammer Möglichkeiten hat, um die Attraktivität der Niederlassung zu erhöhen. „Wir müssen mehr Transparenz schaffen, welche Arbeitsmodelle junge Ärztinnen und Ärzte wählen können. Mit Rücksicht auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf können Ärztinnen und Ärzte ihre Weiterbildung auch in Teilzeit absolvieren und wir arbeiten an neuen und auch sektorenübergreifenden Weiterbildungsmodellen.“ Auch die Politik müsse mehr Möglichkeiten für Familienfreundlichkeit schaffen: „Wichtig ist, dass bei einer Praxisübernahme das finanzielle Risiko überschaubar bleibt. Dazu brauchen wir mehr Verlässlichkeit und Unterstützung in der Gesundheitspolitik. Und ein Riesenthema ist die Kinderbetreuung. Hier muss dringend etwas geschehen, auch weil wir es uns als Gesellschaft nicht leisten können, auf unsere jungen Kolleginnen und Kollegen auf Grund fehlender oder unzuverlässiger Kinderbetreuung zu verzichten.
Prof. Richardt selbst ist stets der Arbeit in der Klinik treu geblieben und sagt, dass sich nicht alle Facharztrichtungen für die Niederlassung eignen: „Ich bin seit vielen Jahren Herzchirurgin. In der Regel kann man sich damit nicht niederlassen. Durch meinen zweiten Facharzt hätte ich inzwischen die Möglichkeit, mich niederzulassen. Ich habe mich auch mit dem Thema beschäftigt, bin aber zu dem Schluss gekommen, dass ich in die Klinik gehöre.“