Dr. Jens Lassen

„Hausarzt zu sein, ist ein super Job“

Dr. Jens Lassen hat Dr. Thomas Maurer als Landesvorsitzenden der Hausärzte in Schleswig-Holstein abgelöst. Bislang war Lassen stellvertretender Vorsitzender, das neue Amt übernahm der Allgemeinmediziner aus Leck vergangenen Monat von seinem Praxispartner. Über seine Ziele sprach Lassen mit Dirk Schnack. 

Herr Lassen, was ändert sich für Sie durch den Wechsel vom Stellvertreter zum Vorsitzenden des Landesverbandes?
Dr. Jens Lassen:
Ich bin seit 2017 im Vorstand des Hausärzteverbands und bin über die Jahre immer mehr in die berufspolitische Arbeit reingewachsen. Anfangs habe ich mich vor allem auf Bundesebene mit den Themen der ärztlichen Weiterbildung beschäftigt, dann kam irgendwann die Arbeit auf Landesebene hinzu, die ich mir im letzten Jahr dann als stellvertretender Vorsitzender mit Thomas Maurer quasi geteilt habe. Herr Maurer hat nach 13 erfolgreichen Jahren den Vorsitz nun abgegeben – jetzt mache ich die Arbeit gemeinsam mit den Vorstandskolleginnen und -kollegen weiter.

Sie sind erst seit wenigen Jahren niedergelassen, 40 Jahre jung und Familienvater. Was reizt Sie in dieser Phase an einem solchen Amt?
Lassen:
Fragen Sie mich etwas leichteres … Grundsätzlich bringt mir erstmal meine Arbeit als Arzt Spaß. Das war früher im UKSH in Kiel schon so, als ich bei Prof. Burkhard Bewig Innere Medizin gelernt habe und es ist heute als Hausarzt nicht anders. Ich kann mich für diesen Beruf begeistern und es bringt mir tatsächlich auch Spaß, an den Rahmenbedingungen für unsere tägliche Arbeit mitzuarbeiten. Die Verbandsarbeit ist schon mit persönlichen Entbehrungen verbunden, ich bin oft abends und am Wochenende unterwegs, aber unter dem Strich passt das schon. Ich kann mich gut organisieren und bin auch oft zu Hause. Und ich muss den Job ja vielleicht auch nicht machen bis ich 85 bin.

Ist Berufs-/Standespolitik also gar nicht so reizlos, wie von vielen Ihrer Kolleginnen und Kollegen manchmal empfunden?
Lassen:
Es wundert Sie nicht, wenn ich sage: Nein. Ich kann alle Kolleginnen und Kollegen verstehen, die sagen, dass ihnen die tägliche Arbeit schon so reicht. Berufspolitik ist aber trotzdem sehr wichtig, wir dürfen das nicht zu kurz kommen lassen. Wenn wir unsere Positionen nicht energisch und laut vertreten, wird sich das sehr schnell zu unserem Nachteil auswirken. Außerdem lernt man in der berufspolitischen Arbeit sehr viele interessante Menschen kennen, von denen man für sich und auch für die eigene Praxis lernen kann, wenn man denn will.

Was wollen Sie in Ihrer Zeit als Vorsitzender erreichen, welche Ziele haben Sie sich gesetzt?
Lassen:
Der Hausärzteverband gibt allen Kolleginnen und Kollegen, die täglich in den Hausarztpraxen ihre Arbeit machen, eine Stimme und trägt ihre Anliegen in die Politik und alle möglichen Gremien hinein. Das ist erstmal eine ganz zentrale Aufgabe. Inhaltlich werden wir die Digitalisierung der ambulanten Medizin weiterhin kritisch begleiten, uns um den Ausbau der hausarztzentrierten Versorgung (HZV) kümmern und das Thema der Nachwuchsproblematik in der Tagesordnung nach oben zerren.

Wie stark ist dafür der Rückhalt unter den Hausärztinnen und Hausärzten in SH – wie viele von denen sind im Verband organisiert, wie viele geben Ihnen Rückmeldung und wie viele setzen sich aktiv ein?
Lassen:
Wir sind im Landesvorstand sieben Kolleginnen und Kollegen, die diese Arbeit ehrenamtlich machen. Auf der Mitgliederseite sind wir gut organisiert, arbeiten aber immer weiter daran, dass möglichst alle Praxen sich im Verband organisieren. Mit vielen Mitgliedern bin ich persönlich oder über die Geschäftsstelle im Austausch zu verschiedensten Themen, das hängt häufig von der Tagespolitik ab. Einige Verbandsmitglieder engagieren sich in den Qualitätszirkeln im Land, andere sind eher stille Mitglieder, da ist alles möglich.

Welche Verbindungen auf politischer Ebene bestehen für den Verband – werden Sie von der Politik in Kiel wahrgenommen oder geht der Hausärzteverband im Lobby­konzert rund um das Landeshaus unter?
Lassen:
In Schleswig-Holstein gibt es glücklicherweise traditionell einen vernünftigen Umgang miteinander. Ich muss da das Rad also nicht neu erfinden. Auch wenn die Meinungen manchmal unterschiedlich sind, hören sich eigentlich alle gegenseitig zu. Ich treffe mich in ein paar Tagen mit Gesundheitsministerin Frau Prof. von der Decken und habe auch zu anderen politischen Institutionen guten Kontakt.

Welche politischen Weichenstellungen müssen erfolgen, damit junge Ärzte Lust zur Niederlassung als Hausarzt haben?
Lassen:
Das ist ein extrem wichtiges Thema. Die Frage, wer die ganze Arbeit zukünftig in den Praxen machen soll, wird uns noch in ganz anderer Intensität beschäftigen als heute. Ich organisiere nebenher noch einen Stammtisch für junge Allgemeinmedi­zinerinnen und Allgemeinmediziner in Flensburg. Wenn Sie da den jungen Kolleginnen und Kollegen aus der Klinik zuhören, die mit dem Gedanken an eine Niederlassung liebäugeln, hören Sie an Zweifeln: Angst vor Regressen, die Frage, wer die ganzen Patientinnen und Patienten in ein paar Jahren überhaupt versorgen soll und Sorge vor dem Bürokratie-Wahnsinn. Da kann man nicht viel wegdiskutieren. Und wenn Sie sich anhören, was Politik und Krankenkassen momentan so rausposaunen (Wegfall der Neupatientenregelung, am besten kein Inflationsausgleich für die Praxen) und wie zum Beispiel das eRezept gerade scheitert, dann kann man verstehen, wenn sich die jungen Kolleginnen und Kollegen an der Stirn kratzen. Wir brauchen auf diesen Ebenen ein echtes Umdenken im Engagement für die niedergelassene Medizin, wenn wir in ein paar Jahren nicht vor noch viel größeren Problemen stehen wollen.

Und welche Erwartungen haben Sie an die ärztlichen Organisationen im Land, also an KV, Ärztekammer und Ärztegenossenschaft?
Lassen:
Wir haben ein funktionierendes Miteinander und sollten natürlich gerade in Bezug auf die Nachwuchsproblematik an einem Strang ziehen. Da ist auch der Quereinstieg in die Allgemeinmedizin ein Thema, bei dem die Ärztekammer nochmal schauen sollte, ob sie sich etwas bewegen kann. Momentan sind da die Hürden für die Interessenten im Ländervergleich in Schleswig-Holstein vergleichsweise hoch.

Sie sind in Nordfriesland niedergelassen. Was ist aus Ihrer Sicht reizvoll an einer Niederlassung auf dem Land?
Lassen:
Hausarzt zu sein ist ein super Job, eine eigene Praxis zu führen macht zufrieden, Patientinnen und Patienten über Jahre zu begleiten hinterlässt Dankbarkeit und viele schöne Momente, in meiner Praxis haben wir ein wirklich gutes kollegiales und freundschaftliches Miteinander. Ich wüsste nicht, was ich lieber machen würde.
Vielen Dank für das Gespräch.