Getrübte Stimmung in der Gynäkologie
Die Ergebnisse aus den 122 ausgewerteten Fragebögen mit insgesamt 81 Fragen zu sechs Themenbereichen lassen aufhorchen: 56 % der Befragten schätzen die Arbeitsbelastung als hoch ein, 28 % sogar als sehr hoch. Zwei Drittel von ihnen arbeiten wöchentlich zwischen 40 und 59 Stunden in der Klinik. 81 % beurteilen die Weiterbildung schlechter als gut. Für fast ein Drittel der Befragten besteht ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Gesundheit und Beruf, ein Viertel beurteilt die Arbeitsbedingungen sogar als familienfreundlich.
Weitere Ergebnisse der Umfrage: Den Anteil delegierbarer Tätigkeiten in ihrem Krankenhaus beziffern zwei Drittel der Befragten auf über 25 %. 92 % wünschen sich regelmäßige Ober- bzw. Chefarztvisiten und 88 % wären bereit, bei anhaltender Unzufriedenheit den Arbeitgeber zu wechseln.
„Das Streben nach einem ausgeglichenen Sozialleben überwiegt, es besteht eine hohe Arbeitsbelastung junger Ärztinnen und Ärzte“, sagt Studienautor Dr. Jann Lennard Scharf über die kürzlich veröffentlichten Ergebnisse. Die Arbeitsbelastung wirkt sich nach seiner Überzeugung negativ auf die Weiterbildung, aber auch auf die Gesundheit und das Privatleben der Betroffenen sowie auf die Nachwuchsförderung im ärztlichen Bereich insgesamt aus. Scharf gibt zu bedenken, dass die junge Generation an Ärztinnen und Ärzten Fragen nach Sinnhaftigkeit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Wertschätzung und Selbstfürsorge stark beschäftigen. Der Arzt in Weiterbildung sieht aber auch Lösungskonzepte, um diesen Ansprüchen gerecht zu werden. Dazu zählen für ihn eine strukturierte Einarbeitung, ein klares Ausbildungskonzept oder zum Beispiel ein Oberarzt-Mentoren-Programm. Viel Zeit bleibt den Arbeitgebern allerdings nicht, wie Scharf mit Blick auf die hohe Bereitschaft, den Arbeitgeber zu wechseln, zu bedenken gibt: „Die Zeit drängt. Ausbildende Kliniken müssen sich diesen Herausforderungen stellen“, fordert er. Ansonsten erwartet Scharf eine noch stärkere Hinwendung auf Teilzeitmodelle, woran Arbeitgeber nach seiner Überzeugung kein Interesse haben können. Ebenfalls bedeutsam schätzt er den Führungsstil ein. Chefärztinnen und Chefärzte könnten mit ihrem Führungsstil erheblich dazu beitragen, junge Ärztinnen und Ärzte an das Haus zu binden – oder zu verschrecken.
Text: Dirk Schnack
Foto: UKSH