Kindergesundheit im Fokus
Gut bis sehr gut: Zu diesem Urteil kommt eine Studie vom Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie der Universität zu Lübeck und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) unter Leitung von Prof. Alexander Katalinic in Bezug auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Schleswig-Holstein. Das Urteil gilt für 90 % der Kinder. Zehn Prozent der untersuchten Altersgruppe geht es schlechter.
Die Studie unter dem Namen „Die gesundheitliche Lage und Versorgungssituation von Kindern und Jugendlichen in Schleswig-Holstein in Krisenzeiten“ wertete Antworten von 2.500 Eltern aus Schleswig-Holstein aus. Auftraggeber für die Studie war das Landesgesundheitsministerium. Das Fazit von Gesundheitsministerin Prof. Kerstin von der Decken (CDU) fiel zwar positiv aus, sie machte aber auch deutlich, dass an den Defiziten gearbeitet werden müsse. „Die Studie zeigt, dass der weit überwiegende Teil der Kinder und Jugendlichen in Schleswig-Holstein in einem guten bis sehr guten Gesundheitszustand ist. Das ist nach den Belastungen der Corona-Pandemie ein positiver Befund und zeigt, dass unsere Gesundheitsversorgung insgesamt gut funktioniert“, sagte die Ministerin. Die Studie mache aber auch deutlich, dass es Kindern und Jugendlichen mit einem speziellen Versorgungsbedarf sowie aus schwierigeren sozialen Verhältnissen tendenziell weniger gut gehe. Von der Decken sieht in den Ergebnissen wichtige Anhaltspunkte für alle Akteure im Land und eine Grundlage für einen weiteren Austausch.
Zu den wichtigsten Ergebnissen der Studie zählen u.a.:
- Der Mittelwert für die generelle gesundheitsbezogene Lebensqualität der Kinder liegt höher als in den Vorstudien 2021 und 2022.
- Weniger gut geht es Kindern und Jugendlichen mit speziellem Versorgungsbedarf, von Eltern mit einer inadäquaten Gesundheitskompetenz, deren Eltern ohne Partner leben sowie Kindern, die Hinweise auf eine pathologische Nutzung digitaler Spiele zeigen.
- Für über ein Fünftel der Kinder besteht mindestens erhöhter medizinischer, psychosozialer oder pädagogischer Versorgungs- oder Unterstützungsbedarf.
- Bei 19,7 % der Kinder besteht mindestens ein ungedeckter Versorgungsbedarf. Besonders oft betroffen: Selbsthilfegruppen, Rehamaßnahmen, Videosprechstunden, Schulungen bei chronischen Erkrankungen, Logopädie, Ergotherapie, psychologische Beratung oder Psychotherapie.
- Die meisten Kinder haben einen Kinderarzt oder eine Kinderärztin, die sich regelmäßig um die gesundheitlichen Belange des Kindes kümmern. Allerdings finden es 17,0 % der Eltern sehr bis extrem schwierig, kinderärztliche Versorgung zu bekommen. Über die fachärztliche Hilfe sagen dies 36,8 % und über die notärztliche Hilfe für ihr Kind 23,5 %.
- Für den Weg in die pädiatrische Praxis benötigten 80 % der Familien fünf bis 30 Minuten (durchschnittlich 17 Minuten), in die hausärztliche Praxis fünf bis 20 Minuten (durchschnittlich elf Minuten), in die fachärztliche Praxis zehn bis 45 min (durchschnittlich 25 Minuten) und zum nächsten Krankenhaus zehn bis 40 Minuten (durchschnittlich 22 Minuten).
- Mit der medizinischen Versorgung ihres Kindes sind Eltern vorwiegend zufrieden bis sehr zufrieden. Weniger zufrieden sind sie mit den Wartezeiten in Praxen oder im Krankenhaus, der sektorenübergreifenden Zusammenarbeit und den Terminwartezeiten.
- Jeder neunte teilnehmende Elternteil hat Mängel in der Gesundheitskompetenz und damit Probleme, gesundheitsrelevante Informationen für das Kind zu finden, zu verstehen, einzuordnen und zu nutzen. Das betrifft u.a. die Suche nach Informationen über Unterstützungsmöglichkeiten bei psychischen Problemen, die Entscheidung, eine Zweitmeinung einzuholen und die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit von Medieninformationen zu Gesundheitsrisiken.
- 62,8 % der Kinder und Jugendlichen überschreiten die altersabhängige empfohlene Bildschirmzeit. Für ein Drittel der Kinder unter drei Jahren geben Eltern Bildschirmzeiten an.
- Ein Viertel der 10- bis 17-Jährigen zeigt Hinweise auf eine riskante und ein Achtel auf eine pathologische Nutzung digitaler Spiele.
- Insgesamt geben 28,4 % der Befragten an, dass mindestens ein Haushaltsmitglied raucht, von den 14- bis 17-Jährigen rauchen nach Angaben der Eltern 7,6 %.
- Zwei Drittel der 14- bis 17-Jährigen trinken gelegentlich und 0,2 % täglich Alkohol.
- Mehr als die Hälfte der 5- bis 17-jährigen Kinder und Jugendlichen bewegt sich zu wenig. Pandemiebedingte Nichtteilnahme an Bewegungsangeboten spielten keine nennenswerte Rolle.
- Im Vergleich zur ersten Voruntersuchung aus dem Jahr 2021 zeigten viele Eltern Hinweise für eine Depression. Weniger Eltern als in der ersten Voruntersuchung äußerten dagegen Hinweise auf eine Angststörung.
Dirk Schnack