Spaß bei der Fehlersuche
Arzt und Facharzt, MFA-Azubi, Atemtherapeutin und Pflegekraft – das Team „Die Fantastischen Fünf“ decken viele Tätigkeitsbereiche ab, die in der Pneumologie des Heider Westküstenklinikums besetzt werden müssen. Die fünf haben sich zu einer Mannschaft zusammengeschlossen, weil sie Fehler finden wollen – Fehler die ein anderes Team des WKK versteckt hat.
Das neue Format hat das Ziel, die Patientensicherheit im Krankenhaus zu verbessern. Die Idee dafür stammt aus der Schweiz, wo es unter dem Namen „Room of Horror“ schon Kliniken gab, die ihre Mitarbeitenden auf Fehlersuche schickten. Björn-Ola Fechner, Leiter des WKK-Qualitätsmanagements, war der Name zu dramatisch – das Konzept des interaktiven und interdisziplinären Suchens aber überzeugte ihn. Die Beschäftigten werden in ein präpariertes, nachgestelltes Patientenzimmer geschickt, in der eine Puppe als Patientin „Frau Schreck“ liegt. Medizinische Versorgung und Betreuung dort sind fehlerbehaftet. Um diese Fehler zu finden, hat jedes Team 15 Minuten Zeit.
Auf dieses neue und ungewöhnliche Format wurden die Mitarbeitenden mit einer neuen und ungewöhnlichen Ansprache vorbereitet. Das WKK ließ Plakate aufhängen, aus deren Ankündigung („Coming Soon: Da kommt was auf Euch zu!“) heftige Spekulationen abgeleitet wurden. Rationalisierungsmaßnahmen oder Umstrukturierungen? Diese Annahmen erschienen vielen Beschäftigten wahrscheinlich, an ein neues Fortbildungsangebot dachte niemand. Mit einem zweiten Plakat wurde eine Woche nicht viel mehr preisgegen: Eine Tür am Ende eines dunklen Ganges und die Frage „Was verbirgt sich hinter dieser Tür?“ Schlimmste Ängste wurden erst mit einem dritten Plakat genommen: „Fürchtet Euch nicht! Wir wollen nur Euer Bestes.“
Als dann die Auflösung kam, war die Resonanz groß: Acht Teams mit jeweils mindestens fünf Teilnehmern hatten sich zusammengefunden, um am Escape Game teilzunehmen. Der komplette Tag ist ausgebucht, für jedes Team wird eine Stunde veranschlagt. „Die Fantastischen Fünf" sind um 13 Uhr einbestellt. Facharzt Ali Eid, Arzt Dimitry Buxbaum, Atemtherapeutin Alina Willke, Pflegekraft Vivian Krüger und MFA-Azubi Mareike Stöver sind guter Dinge, dass sie einiges finden werden. Die Einweisung durch Björn-Ola Fechner und sein Team ist kurz, dann können die fünf einen Raum weiter und stehen vor dem präparierten Patientenzimmer von "Frau Schreck". Wie es sich für ihre Berufe gehört, gehen die fünf sorgsam und penibel vor. Ist das Desinfektionsmittel abgelaufen? Wann war die letzte Medikamentengabe? Stimmt die Dosis? Stimmen die Namen am Bett und am Handgelenk der Patientin überein? Ist der Katheter berechtigt – wer hat ihn angeordnet? Zimmer, Bett, Dokumentation – alles wird von ihnen genau unter die Lupe genommen. Vivien Krüger schreibt alles auf, was sie finden können – immer beobachtet von Fechner und seinem Team, darunter auch Oberarzt Dr. Dominique Frank Hamann. Der Internist erhöht kurz vor Schluss noch einmal den Druck, als er das Team bewusst verunsichert: "Andere haben mehr gefunden. Vielleicht stimmt ja auch nicht alles, was ihr gefunden habt." Die fünf konzentrieren sich noch einmal, gehen alles durch, besprechen sich bei der Bewertung. Am Ende der 15 Minuten wirken sie wieder entspannt. Haben sie alles gefunden, was die Sicherheit von Frau Schreck gefährden könnte? Sicher sind sie sich nicht. Zu diesem Zeitpunkt steht für sie nur fest: "Es hat Spaß gemacht."
Die Auflösung ist für das Team spannend. Vivien Krüger liest die gefundenen Fehler vor – und wird zum Teil ernüchtert. Das Team um Fechner erläutert, warum manche ihrer vermuteten Fehler keine waren. Hamann nutzt die Fehler, um speziell bei den ärztlichen Kollegen noch etwas nachzubohren und klarzustellen. Bei manchen Fehlern waren die fünf erfolgreich, aber längst nicht bei allen. Zum Teil haben sie sich auf bewusst falsch gelegte Fährten begeben, zum Teil haben sie sich zu sehr in die Dokumentation vertieft. Dennoch: "So schlecht waren wir nicht", sagt Alina Willke – mit Recht, schließlich hatten sie zum Teil recht unerfahrene Teammitglieder dabei, waren die jüngste Truppe und sie wurden von der Presse begleitet. Andere Teams haben an diesem Tag zwar mehr Fehler gefunden, vielleicht haben "Die Fantastischen Fünf" aber am meisten gelernt?
Was sie gelernt haben und welche Fehler wo versteckt waren, verrieten die Teams anschließend natürlich nicht. Denn nach den Heider Kollegen sind im Oktober auch noch die Beschäftigten in Brunsbüttel dran. Nach der positiven Resonanz in Heide dürfte es nicht der letzte Escape Room gewesen sein, den Fechner und sein Team im Bildungszentrum aufgebaut haben.
Dirk Schnack